Unsere Haltung bezüglich medikamentöser Behandlung
Insgesamt sind wir eher zurückhaltend bezüglich medikamentöser Therapien. Aber es gibt Indikationen wie beispielsweise ausgeprägte Ticstörungen, Psychosen (Schizophrenien), schwere Depressionen oder schweres ADHS, bei denen ein Medikament Erleichterung bringen und psychosoziale Nachteile für das Kind lindern kann. Wenn andere Therapien nicht genügend geholfen haben, das Kind sehr unter den Symptomen leidet oder es nachhaltige Konsequenzen wie Schulverweis oder eine ausgeprägte Krise des Selbstbewusstseins abzuwenden gilt, prüfen wir in Zusammenarbeit mit dem Kinder- oder Hausarzt die Möglichkeit einer medikamentösen Behandlung für Ihr Kind.
Kinder haben ein „Recht auf Spiel und Bewegung“: Artikel 31 (1) der UN-Kinderrechtskonvention
Zitatquelle: http://www.national-coalition.de/pdf/UN-Kinderrechtskonvention.pdf (S.23)
ADHS und Medikamente: Wir orientieren uns an der Eckpunkte-Erklärung der beiden medizinischen Fachgesellschaften für Kinderheilkunde und Kinder- und Jugendpsychiatrie.
2002 veröffentlichten die genannten Fachgesellschaften die Erklärung „Eckpunkte zur Verbesserung der Versorgung von Kindern, Jugendlichen und Erwachsenen mit Aufmerksamkeitsdefizit-Hyperaktivitätsstörung (ADHS)“. Hier heißt es: „Die Therapie der ADHS ist als multimodales Behandlungsangebot definiert. Nur ein Teil der Kinder bedarf der medikamentösen Therapie. Nach ausführlicher Diagnostik und erst wenn psychoedukative und psychosoziale Maßnahmen nach angemessener Zeit keine ausreichende Wirkung entfaltet haben, besteht die Indikation zu einer medikamentösen Therapie“. Wir orientieren uns an dieser Empfehlung.
Zitatquelle: http://www.bke.de/content/application/explorer/public/zeitschriften/ife_1_2003.pdf (S.15)
Eine Zusammenfassung zu ADHS und zur Methylphenidat-Therapie finden Sie auch auf der Homepage des Berufsverbandes der Kinder- und Jugendpsychiater BKJPP unter folgenden Links:
- Methylphenidat: https://www.neurologen-und-psychiater-im-netz.org/kinder-jugend-psychiatrie/erkrankungen/aufmerksamkeitsdefizit-hyperaktivitaets-stoerung-adhs/medikamentoese-therapie/
- AD(H)S: https://www.neurologen-und-psychiater-im-netz.org/kinder-jugend-psychiatrie/erkrankungen/aufmerksamkeitsdefizit-hyperaktivitaetsstoerung-adhs/was-ist-adhs/
Welche Verlaufskontrollen sind notwendig?
Bei allen Medikamenten sind wir verpflichtet, einmal im Quartal Gewicht, Größe, Blutdruck und Puls zu kontrollieren (Quartal = Januar – März, April – Juni, Juli – September, Oktober – Dezember). Bitte vereinbaren Sie hierzu so früh wie möglich einen Termin (mind. 4 Wochen im Voraus). Wir empfehlen bei allen Medikamenten einmal/Jahr die Blutwerte durch den Kinder- oder Hausarzt zu kontrollieren, auch wenn dies nicht mehr in den Leitlinien empfohlen wird. Nach Beginn der Medikation sollte einmal das EKG durch einen Kinderkardiologen kontrolliert werden. Genauere Informationen händigen wir Ihnen gerne schriftlich aus.
Welche rechtlichen Voraussetzungen müssen erfüllt sein?
Für die medikamentöse Behandlung eines Kindes ist das schriftliche Einverständnis aller Sorgeberechtigten notwendig. Dieses erfolgt nach einem ausführlichen Aufklärungsgespräch, in dem Sie alle sich ergebenden Fragen zu dem Medikament, seiner Wirkungsweise und seinen Nebenwirkungen stellen können.
Welche Voruntersuchungen sind notwendig?
Vor Beginn einer Medikation sollten die Blutwerte inklusive Schilddrüsenwerte und ein EKG (Herzströme) gemacht werden. Wenn es in Ihrer Familie Angehörige gibt, die an Epilepsie leiden, sollte zusätzlich ein EEG (Hirnströme) kontrolliert. Diese Untersuchungen erfolgen durch den Hausarzt, Kinderarzt, Kinderkardiologen (EKG) und/oder Kinderneurologinnen bzw. die Ambulanz einer Kinderklinik (EEG). In der Praxis kontrollieren wir Gewicht, Größe, Blutdruck und Puls.
Was ist ein Doppelblindversuch mit Methylphenidat?
Methylphenidat wirkt gegen Konzentrationsstörungen. Bei diesem Wirkstoff besteht die Möglichkeit, mit Hilfe der Lehrer einen 4-wöchigen Versuch (sog. Doppelblindversuch) zu machen, um die Wirksamkeit des Medikaments zu überprüfen. Hierzu stellen wir Ihnen in Medikamentendöschen (sog. Dispensern) für 4 Wochen in einer Ihnen unbekannten Reihenfolge echte Tabletten mit Wirkstoff und gleich aussehende sogenannte Placebo-Tabletten ohne Wirkstoff zur Verfügung. Wenn die Lehrer in dieser Zeit täglich einen Fragebogen ausfüllen, können wir anschließend auswerten, ob an den Tagen, an denen der Wirkstoff gegeben wurde, sich Ihr Kind im Unterricht aus Sicht der Lehrer besser konzentrieren konnte.